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Das Verschwinden der Helden in der Erinnerung an den Ghettoaufstand
Als im Jahre 1945 die überlebenden Juden aus den deutschen Konzentrationslagern heimkehrten, wurde ihnen keine öffentliche Anerkennung zuteil, denn das bloße Überleben war bis weit in die 1970er-Jahre mit Scham assoziiert. Es waren die Helden des Widerstands, die öffentliche Anerkennung in Europa fanden. So wurde der Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto zum zentralen Gedenktag für den Holocaust, da er eine Möglichkeit eines identitätsstiftenden Narrativs bot.
Dies änderte sich jedoch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und in der Geschichtsschreibung wird der Begriff des Postheroischen verwendet, um diese „Verschiebung von der Heroisierung zur Viktimisierung“ in der Erinnerungskultur zu beschreiben. Diese Verschiebung ist, wie der Historiker Martin Sabrow konstatiert, in der Gedenkpraxis seit den 1970er-Jahren auszumachen und manifestiert sich dadurch, dass nicht länger die „Helden“ die öffentliche Anerkennung erfahren, sondern die Opfer von Konflikten und Kriegen.
Der Held des Ghettoaufstandes hatte seine Schuldigkeit getan. Musste sich die Erzählung vom Ghetto über Jahrzehnte den Regeln eines Heldenepos unterordnen und dessen ästhetischen Anforderungen entsprechen, änderte sich dies am Ende des 20. Jahrhunderts.
Prof. Dr. Markus Meckl ist Historiker und hat am Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin über die Erinnerung an den Warschauer Ghettoaufstand promoviert. Seit 2004 ist er Professor an der Universität in Akureyri im Norden Islands.
Beginn der Veranstaltung ist um 18:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Ein Kind liegt auf einem Gehsteig im Ghetto. Aufnahme durch einen Angehörigen der Propagandakompanie 689 Zermin, Mai 1941
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-134-0771A-39 / Zermin / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de