NAMENSGEBERIN
Dr. Johanna Stahl gehört zu den Würzburger Opfern der Shoa. Das war allerdings nicht das Kriterium, weshalb sie zur Namensgeberin des Zentrums auserwählt wurde. Vielmehr soll damit an eine Frau mit großen Verdiensten um die jüdische Gemeinschaft erinnert werden. Sie zählt zu der Generation jüdischer Frauen, die sich ihre akademische Bildung erkämpfte. Eloquent setzte sie sich für die Sache der Frauen ein und leistete engagierteste soziale Arbeit, als dies in der NS-Zeit bitter nötig war.

Dr. Johanna Stahl
© StA Würzburg, Gestapo 14898
Lebenslauf © UB Frankfurt a.M.

Doktorarbeit von Johanna Stahl
© UB Frankfurt a.M.
Ihr Engagement für Frauenrechte erstreckte sich auch auf die jüdische Gemeinde. 1929 begründete sie in einer Gemeindeversammlung den wiederholten Antrag der Liberalen, das passive Wahlrecht für Frauen einzuführen. Der Antrag wurde abgelehnt. Auf Vorschlag der Orthodoxen fand sich jedoch schließlich eine Kompromisslösung, wie sie für die “Würzburger Orthodoxie” typisch war: Frauen konnten in Kommissionen gewählt werden und als deren Mitglieder an Beratungen des Vorstands zum Sachgebiet der jeweiligen Kommission teilnehmen.

Unterschrift mit dem von den Nazis vorgeschriebenen Namen "Sara"
© StA Würzburg, Gestapo 14898
Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, dauerte es nicht lange, bis auch Henny Stahl als Journalistin mit einem Berufsverbot belegt wurde. Sie begann sich im Bereich der Beratungs- und Fürsorgearbeit zu engagieren. Seit 1934 arbeitete sie im “Büro für Beratung und Wirtschaftshilfe“ im Gemeindezentrum in der Domerschulstraße 19. Das Büro wurde über Spenden von der Gemeinde finanziert. Johanna Stahl beriet all diejenigen, die aus ihren Berufen gedrängt wurden und in soziale Not gerieten, und die, die sich angesichts der Verfolgungspolitik zur Emigration entschlossen. Im Spätsommer 1938 unternahm Johanna Stahl erste Schritte, um ihre eigene Auswanderung nach Paris vorzubereiten. Die Möglichkeit zur Emigration hat sie jedoch letztlich nicht in Anspruch genommen – vermutlich, weil sie sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen wollte. Henny Stahl wurde am 17. Juni 1943, zusammen mit den Personen, die bis zuletzt für die Gemeinde gearbeitet hatten, im Rahmen der letzten größeren Deportation nach Auschwitz verschleppt und dort vermutlich unmittelbar nach der Ankunft ermordet. Der Deportation war eine mehrmonatige Haft vorausgegangen.
Vor dem Haus, in dem Johanna Stahl wohnte, erinnern inzwischen Stolpersteine


Stolpersteine in der Konradstr. 9, Würzburg