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Glanzberg, Norbert (1910-2001), Würzburg

Norbert Glanzberg war 1910 in Rohatyn in Galizien geboren worden. Die Kleinstadt gehörte mal zu Österreich, mal zu Polen oder wie heute zur Ukraine und es lebten dort bis zur NS-Besatzung mehrheitlich Juden. Doch die Lebensbedingungen waren alles andere als rosig, weshalb viele Juden sich entschlossen auszuwandern. Auch die Eltern von Norbert Glanzberg, . Sie ließen sich 1912 in Würzburg nieder, wo es bereits andere Familien aus Rohatyn und benachbarten Orten gab. Sie zählten zur mehrheitlich ärmeren Gruppe der Ostjuden in der jüdischen Gemeinde. Der Vater arbeitete als Wein-Vertreter, die Mutter als Näherin. Norbert hatte eine jüngere Schwester.

Schon früh fiel die außerordentliche musikalische Begabung von Norbert Glanzberg auf und es fanden sich Förderer, die seine Ausbildung finanzierten. Hermann Zilcher nahm den 14jährigen in die Klasse seiner Elite-Schüler am Staatskonservatorium auf. Musik und Theater interessierten Glanzberg deutlich mehr als die Schule, die er mit 16 Jahren verließ. Noch nicht 18 Jahre alt, begann er als unbezahlter Kapellmeister-Volontär und Solo-Repetitor am Stadttheater Würzburg. Als die städtische Oper 1929 schließen musste, ging er nach Aachen und gelangte von dort als 2. Kapellmeister am Admiralspalast nach Berlin. Hier feierte er auch erste große Erfolge als Komponist.

Bereits 1932 wurde er in einem Artikel einer Nazi-Filmzeitung persönlich angegriffen. So zögerte er 1933 nicht lange und floh im Sommer 1933 nach Paris. Mühsam musste er hier von vorne anfangen, schlug sich als Bar-Pianist durch. Es folgten erste Filmhits, die er seit der Besetzung Frankreichs durch Deutschland nur noch unter Pseudonym verkaufen konnte. Er floh nach Südfrankreich, wo es ihm mithilfe von Tino Rossi und Edith Piaf gelang, in Verstecken zu überleben. Sechs Monate saß er in Nizza im Gefängnis wegen der Verwendung falscher Papiere, konnte schließlich fliehen. Er schrieb seinen ersten großen Chanson für Edith Piaf – „Padam, Padam“. Eine lebenslange Freundschaft sollte die beiden verbinden.

Nach dem Krieg kehrte Glanzberg nach Paris zurück, trat mit Tino Rossi weltweit auf und feierte Erfolge als Film- und Chansonkomponist. Endlich konnte er sich ein komfortableres Leben im Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine leisten. Er heiratete und 1959 wurde sein Sohn Serge geboren.

Seine jüdische Herkunft und seine Verfolgungserfahrung ließen ihn nicht los. Gegen Ende seines Lebens beschäftigte er sich immer intensiver damit und komponierte seine „Suite Yiddish“ für zwei Klaviere. Die Musik zur Anthologie „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ mit Gedichten von Widerstandskämpfern und Naziopfern komponierte er in der Tradition des romantischen Kunstliedes, wie er es bei Zilcher gelernt hatte. Beides wurde von Hanna Schygulla in einem denkwürdigen Konzert mit dem Komponisten 1998 in Würzburg aufgeführt. Eine Orchesterfassung seiner „Suite Yiddish“ wurde im Jahr 2000 in Würzburg und 2001 in Israel jeweils zum ersten Mal aufgeführt.

Im Februar 2001, mit 90 Jahren ist Norbert Glanzberg in seinem Wohnort bei Paris gestorben. Seine Musik lebt jedoch weiter.

Quellen:

Astrid Freyeisen, Chanson für Edith. Das Leben des Norbert Glanzberg, Berlin 2004.

Marlin Pahl, Norbert Glanzberg, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, hg. von Claudia Maurer Zenck/ Peter Petersen, Hamburg 2006, online: https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001525.externer Link

Roland Flade, Jüdische Familiengeschichten aus Unterfranken, Würzburg 2015, S. 81–88.

https://de.wikipedia.org/wiki/Norbert_Glanzberg

Rotraud Ries, 2018 (Vorstellung des Komponisten auf einer Veranstaltung des Matthias-Grünewald-Gymnasiums)