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„Vom Land zur Stadt – Synagogen in Unterfranken“, Vortrag

Im Sommer 2016 widmete sich das Johanna-Stahl-Zentrum dem Thema „Synagogen“. Als Zentren des jüdischen Lebens erzählen die erhaltenen Gebäude nicht nur vom ehemaligen jüdischen Leben in der Region. Sondern sie belegen zugleich die Breite und Vielfalt der Ausdrucksformen jüdischer Kultur.

Im Ausstellungsraum des Johanna-Stahl-Zentrums widmete sich die Wanderausstellung „Ma Tovu …“ „Wie schön sind Deine Zelte, Jakob …“ den Synagogen in Schwaben. Darin wird die fünfhundertjährige Geschichte der Synagogen im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben erzählt – von den Vertreibungen aus den Städten am Ende des Mittelalters bis zur Wiederherstellung einstiger Gebetshäuser in den letzten Jahrzehnten, von den kleinen Beträumen in Privathäusern über die Synagogen des „Schwäbischen Typs“ bis zu den imposanten städtischen Bauten um 1900. Die Ausstellung reflektiert auch, wie der Verwüstung und Zerstörung der NS-Zeit eine Phase des Vergessens und der Missachtung des jüdischen Erbes folgte. Dies änderte sich erst seit den 1980er Jahren.
 
Doch welche Entwicklung nahmen im Vergleich dazu die Synagogen in den zahlreichen unterfränkischen Gemeinden? Wo lagen Gemeinsamkeiten und wo gab es eklatante Unterschiede in Bezug auf die schiere Anzahl, die Architektur, aber auch die Nutzung der Synagogen in den beiden Bezirken?

Im Begleitprogramm zur Wanderausstellung Ma tovu ging die Kunsthistorikerin Dr. Cornelia Berger-Dittscheid auf diese und weitere Fragen in einem illustrierten Vortrag am Mittwoch, den 27. Juli 2016 im Johanna-Stahl-Zentrum ein: „Vom Land zur Stadt – Synagogen in Unterfranken“.

Vielfalt und Fülle zeichnete die Architektur der unterfränkischen Synagogen aus. Dieser Reichtum kann vor allem an den über hundert ehemaligen Landsynagogen des 17. bis 19. Jahrhunderts aufgezeigt werden. Ihre teilweise noch erhaltene Substanz, Fotos und viele neu gefundene Pläne lassen ein überaus lebendiges Bild der Bauten entstehen. Klein ist dagegen die Zahl der unterfränkischen Stadtsynagogen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die neu gewonnenes jüdisches Selbstbewusstsein und Selbstverständnis zum Ausdruck brachten, aber auch innerjüdische Konflikte hervorriefen. Ihre herausragende Architektur war in besonderem Maße Stein des Anstoßes für die nationalsozialistischen Gewalttäter und Zerstörer während der Novemberpogrome 1938. So vermittelt heute in Unterfranken nur noch die rekonstruierte und restaurierte Synagoge von Kitzingen eine Vorstellung dieses städtischen Bautyps.

Die Form der unterfränkischen Synagogen insgesamt wirft Fragen auf, auf die Dr. Berger-Dittscheid einging: Waren die Bauten als Synagogen erkennbar, wie wurden sie von ihrer Umwelt wahrgenommen? In welchem Maße war ihre Architektur von der nichtjüdischen Baukunst geprägt? Wer waren die Sponsoren, wer die Baumeister? Inwieweit lassen sich Ablehnung und auferlegte Einschränkung, Toleranz und Assimilation an der Baugeschichte und Architektur der Synagogen ablesen?